Der Glaube an die Vorherbestimmung

Lob gebührt Allâh. Wir preisen Ihn, bitten Ihn um Unterstützung, Rechtleitung und Vergebung. Möge Allâh uns vor dem Begehen von Sünden beschützen. Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Allâh gibt, dem Einzigen, Der keinen Teilhaber hat und Dem nichts und niemand gleicht. Und ich bezeuge, dass Muhammad Diener und Gesandter Gottes ist. Er überbrachte die Botschaft und ermahnte die Gemeinschaft, möge Allâh ihn mehr als alle anderen Propheten belohnen. O Allâh, gebe dem Propheten Muhammad sowie seinen Âl und seinen Gefährten einen höheren Rang. Sodann, Diener Gottes, ich ermahne euch und mich zur Rechtschaffenheit. Allâhu Ta^âlâ sagt in den Âyât 47-49 der Sûrah al-Qamar:

﴿إِنَّ ٱلۡمُجۡرِمِينَ فِي ضَلَٰلٖ وَسُعُرٖ ٤٧ يَوۡمَ يُسۡحَبُونَ فِي ٱلنَّارِ عَلَىٰ وُجُوهِهِمۡ ذُوقُواْ مَسَّ سَقَرَ ٤٨ إِنَّا كُلَّ شَيۡءٍ خَلَقۡنَٰهُ بِقَدَرٖ ٤٩﴾

Die Bedeutung lautet: Gewiss, die Übeltäter befinden sich im Irrtum und werden im Jenseits in der Hölle sein. An dem Tag, an dem sie auf ihren Gesichtern ins Höllenfeuer gezogen werden und zu ihnen gesagt werden wird ‚Kostet die Berührung der Hölle‘. Gewiss, Gott erschuf alles gemäß Seinem Willen und Seiner Vorherbestimmung.

Brüder im Islam, zu den Grundlagen des Glaubens der Muslime gehört der Glaube an die Vorherbestimmung Gottes, des Erhabenen, denn  Imâm Muslim überlieferte, dass der Gesandte Gottes ﷺ als Antwort auf die Frage nach dem Glauben sagte:

الإيمانُ أَنْ تُؤْمِنَ بِاللهِ وملائكتِه وَكُتُبِهِ وَرُسُلِهِ واليَوْمِ الآخِرِ وتُؤْمِنَ بِالقَدَرِ خَيْرِهِ وَشَرِّهِ

Die Bedeutung lautet: Der Glaube ist, dass man an Allâh, an Seine Engel, an die himmlischen Bücher, an die Propheten, an das Jenseits und die Vorherbestimmung des Guten und Schlechten glaubt.

Die Bedeutung von „die Vorherbestimmung des Guten und Schlechten“ ist, dass alles ins Dasein Eingetretene – an Gutem und Schlechtem – von Allâh vorherbestimmt wurde. Somit wurden die guten wie auch die schlechten Taten, die die Geschöpfe ausführen, von Allâh erschaffen und ins Dasein hervorgebracht. Das bedeutet jedoch nicht, dass Allâh das Schlechte lieben würde oder dazu befohlen hätte. Allâh bestimmte das Gute und liebt das Gute, das die Geschöpfe ausführen; und Er bestimmte auch das Schlechte, jedoch liebt Er nicht das Schlechte, das die Geschöpfe ausführen. Der großartige Gelehrte aus der Zeit der ehrenvollen Ahlu s-Salaf (den Muslimen der ersten drei Jahrhunderte nach der Auswanderung) – Imâm Abû Hanîfah, möge Allâh ihm gnädig sein – sagte: Alle guten Taten geschehen mit der Liebe, dem Wissen, dem Willen und der Vorherbestimmung Gottes; und alle Sünden geschehen mit dem Wissen Gottes und der Vorherbestimmung und dem Willen Gottes, jedoch nicht mit Seiner Liebe und nicht mit Seinem Befehl.

Brüder im Islam, es gibt einen Unterschied zwischen dem Willen und dem Befehl. So befiehlt Allâh nicht zum Begehen des Unglaubens und der Sünden, jedoch ist es unmöglich, dass der Unglaube der Ungläubigen und die Sünden der Sündigen ohne den Willen Gottes geschehen würden, denn wenn diese ohne den Willen Gottes geschehen würden, dann wäre Er schwach und die Schwäche ist in Bezug auf Allâh unmöglich.

Und niemandem steht es zu, zu sagen: „Wenn doch die Sünden mit dem Willen Gottes geschehen, wie könnte Allâh dann die Sünder bestrafen?“ Allâh wird nicht nach Seinem Tun befragt, denn wenn Allâh den Sündigen bestraft, dann mit Seiner Gerechtigkeit, ohne ungerecht zu sein; und wenn Er den Gehorsamen belohnt, dann mit Seiner Güte, ohne dazu verpflichtet zu sein. Die Ungerechtigkeit kann nur von jemandem erfolgen, der einen Befehlshaber hat, jedoch hat Allâh keinen Befehlshaber. Somit macht Allâh mit Seinem Eigentum, was Er will, weil Er der Schöpfer der Geschöpfe und somit Ihr Eigentümer ist. Hierzu überlieferte der Imâm Abû Dâwûd, dass der Gesandte Gottes ﷺ sagte:

إنَّ اللهَ لو عَذَّبَ أهلَ أَرْضِهِ وسَماوَاتِه لعذَّبَهُمْ وهو غيرُ ظالِمٍ لَهُمْ ولَوْ رحِمَهُمْ كانَتْ رَحْمَتُهُ خَيْرًا لَهُمْ مِنْ أَعمالِهِمْ، ولَوْ أَنْفَقْتَ مِثْلَ أُحُدٍ ذَهَبًا في سَبِيلِ اللهِ مَا قَبِلَهُ اللهُ مِنْكَ حَتَّى تُؤْمِنَ بِالقَدَرِ، وتَعْلَمَ أَنَّ مَا أَصَابَكَ لَمْ يَكُنْ لِيُخْطِئَكَ وَمَا أَخْطَأَكَ لَمْ يَكُنْ لِيُصِيبَكَ وَلَوْ مِتَّ عَلَى غَيْرِ هَذَا دَخَلْتَ النَّارَ.

Die Bedeutung lautet: Wenn Allâh die Bewohner der Erde und die Bewohner der Himmel bestrafen würde, so würde Er sie bestrafen, ohne ungerecht zu ihnen zu sein; und wenn Er gnädig mit ihnen ist, dann ist Seine Gnade besser für sie als ihre eigenen Taten. Und wenn du so viel Gold für Allâh spenden würdest, wie in der Größe des Berges Uhud, dann würde Allâh dies von dir nicht akzeptieren, wenn du nicht an die Vorherbestimmung des Guten und des Schlechten glaubst und weißt, dass das, was dir geschehen ist, dich nicht hätte verfehlen können und das, was dich verfehlt hat, dir nicht hätte zukommen können. Und wenn du ohne diesen Glauben sterben solltest, dann wirst du in die Hölle eintreten.

Der Imâm Abû Dâwûd überlieferte in seinem Buch „as-Sunan“, dass der Gesandte Gottes ﷺ einer seiner Töchter beibrachte zu sagen:

مَا شَاءَ اللهُ كانَ ومَا لَمْ يَشَأْ لَمْ يَكُنْ

Die Bedeutung lautet: Was Gott will, geschieht und was Er nicht will, geschieht nicht.

Der Wille Gottes ist anfangslos, was Allâh will, bleibt nicht aus und Sein Wille verändert sich nicht. Alles, dessen Geschehen Allâh in Ewigkeit vorherbestimmte, tritt auf jeden Fall in die Existenz ein, zu genau der Zeit, die Allâh dafür vorherbestimmte; und was Allâh nicht will, dass es geschieht, tritt niemals in die Existenz ein.

Liebe Brüder, dies bedeutet nicht, dass die Diener Gottes absolut keinen eigenen Willen hätten, wie es fälschlicherweise in der Vergangenheit von einer Gruppierung behauptet wurde, die bereits nicht mehr existiert. Diese Gruppe, die Djabriyyah genannt wurde, sagte: „Der Diener Gottes ist wie eine Feder, die in der Luft schwebt und absolut keinen Willen hat.“ So etwas zu behaupten steht im Widerspruch zur islamischen Religion, denn in der Sûrah at-Takwîr, Âyah 29 sagt Allâhu Ta^âlâ:

﴿وَمَا تَشَآءُونَ إِلَّآ أَن يَشَآءَ ٱللَّهُ رَبُّ ٱلۡعَٰلَمِينَ ٢٩﴾

Die Bedeutung lautet: Euer Wille unterliegt dem Willen von Allâh, dem Schöpfer aller Geschöpfe.

Allâh bestätigte darin den Willen Seiner Diener, jedoch unterliegt dieser Wille dem Willen Gottes und es ist nicht so, wie eine Gruppierung
– namens al-Qadariyyah – behauptete, dass der Wille der Diener stärker als der Wille Gottes wäre. Diese Gruppierung – al-Qadariyyah – zählen sich selbst zu den Muslimen, obwohl sie nicht zu den Muslimen gehören. Sie sagen: „Allâh will das Gute für alle Seine Diener, jedoch haben einige Seiner Diener gegen Seinen Willen gesündigt…“ Sie beschreiben Allâh somit als schwach. Die Diener Gottes haben einen eigenen Willen und können selbst wählen, jedoch unterliegt dies dem Willen Gottes. Wir können nichts tun, was Allâh nicht will, dass es geschieht, wie die bereits erwähnte Âyah aufzeigt. Sie bedeutet: Euer Wille unterliegt dem Willen von Allâh, dem Schöpfer aller Geschöpfe.

Liebe Brüder im Islam, in dieser Âyah steckt die Antwort auf al-Djabriyyah, die den eigenen Willen der Diener Gottes verleugnen, sowie die Antwort auf die Qadariyyah, die sagen: „Allâh will, dass alle Diener – sogar der Pharao – gottesfürchtige Muslime sind, so auch Iblîs (zu dt. Satan), jedoch war deren Willen stärker als der Wille Gottes.“ Damit erklären sie Allâh für schwach, obwohl Allâhu Ta^âlâ in der Sûrah Yûsuf, Âyah 21 sagt:

﴿وَٱللَّهُ غَالِبٌ عَلَىٰٓ أَمۡرِهِ﴾

Die Bedeutung lautet: Was Allâh will, geschieht.

Allâhu Ta^âlâ sagt in der Sûrah as-Sadjdah, Âyah 13:

﴿وَلَوۡ شِئۡنَا لَأٓتَيۡنَا كُلَّ نَفۡسٍ هُدَىٰهَا وَلَٰكِنۡ حَقَّ ٱلۡقَوۡلُ مِنِّي لَأَمۡلَأَنَّ جَهَنَّمَ مِنَ ٱلۡجِنَّةِ وَٱلنَّاسِ أَجۡمَعِينَ ١٣﴾

Die Bedeutung lautet: Hätte Allâh es gewollt, dann wären alle Diener Gottes rechtgeleitet, jedoch wird Allâh die Hölle mit Djinn und Menschen füllen.

Der Gesandte Gottes ﷺ berichtete über diese Gruppe – al-Qadariyyah – schon vor ihrem Erscheinen und warnte vor ihr und sagte, dass sie keine Muslime sind. Imâm al-Bayhaqiyy – in dem Buch „al-Qadar“ – und andere Gelehrte überlieferten, dass der Gesandte Gottes ﷺ sagte:

صِنْفَانِ مِنْ أُمَّتِي لَيْسَ لَهُمَا نَصِيبٌ فِي الإِسلامِ القَدَرِيَّةُ وَالْمُرْجِئَةُ

Die Bedeutung lautet: Zwei Gruppen, die sich zu meiner Gemeinschaft zählen, gehören nicht zu den Muslimen; diese sind al-Qadariyyah und al-Murdji´ah.

Somit darf man nicht daran zweifeln, dass die Qadariyyah und deren Nachfolger, die Mu^tazilah, keine Muslime sind; und es ist unbedingt notwendig, vor ihren Glaubensweisen gewarnt zu sein.

O Allâh, schütze unsere Religion, leite uns recht und beschere uns ein gutes Ende.

Dies dazu und ich bitte Allâh für euch und mich um Vergebung.

Die zweite Ansprache:

Lob gebührt Allâh. Wir preisen Ihn, bitten Ihn um Unterstützung, Rechtleitung und Vergebung. Möge Allâh uns vor dem Begehen von Sünden beschützen. As-Salâtu was-Salâmu für unseren geehrten Propheten Muhammad sowie für alle anderen Propheten. Sodann, Diener Gottes, ich ermahne euch und mich zur Rechtschaffenheit.

Brüder im Islam, unsere Warnungen in den Freitagsansprachen vor bestimmten Aussagen, die der islamischen Religion widersprechen, entsprichen der Aussage des Propheten ﷺ. Er sagte:

‎الدِّينُ النَّصِيحَةُ

Die Bedeutung lautet: Der gute Ratschlag gehört zur islamischen Religion.

Die Aussage, vor der wir euch heute warnen, ist der Ausdruck mancher Menschen, die sagen: “Die Vorherbestimmung hat es gewollt” oder “Die Vorherbestimmung wollte es so.” Dies ist deshalb falsch, weil der Vorherbestimmung kein Wille zugeschrieben werden kann, sondern Gott ist mit dem Willen beschrieben. Er ist Derjenige, Der den anfangslosen Willen hat, mit dem Er die Ereignisse gemäß Seinem Wissen über ihre Existenz, ihre Eigenschaften und ihre Veränderungen bestimmt

O Allâh, wir bitten Dich, unser Bittgebet zu erfüllen, uns unsere Sünden und Fehler zu vergeben, uns zu den Rechtgeleiteten gehören zu lassen und nicht zu denjenigen, die in die Irre gegangen sind. O Allâh, wir bitten Dich, unsere Sorgen und unseren Kummer von uns zu nehmen und uns vor dem zu schützen, was wir befürchten.

Diener Gottes, Allâh fordert zur Gerechtigkeit, zu gutem Verhalten und zur Aufrechterhaltung der verwandtschaftlichen Beziehungen auf und Er verbietet die Schandtaten, das Schlechte und die Ungerechtigkeit. Dies ist eine Ermahnung, auf dass ihr nachdenken möget. Aqimi s-Salâh! (Sag die Iqâmah auf)