Der Talqîn der Verstorbenen

Lob gebührt Allâh. Wir preisen Ihn, bitten Ihn um Unterstützung, Rechtleitung und Vergebung. Möge Allâh uns vor dem Begehen von Sünden beschützen. Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Allâh gibt, dem Einzigen, Der keinen Teilhaber hat und Dem nichts und niemand gleicht. Und ich bezeuge, dass Muhammad Diener und Gesandter Gottes ist. Er überbrachte die Botschaft und ermahnte die Gemeinschaft, möge Allâh ihn mehr als alle anderen Propheten belohnen. O Allâh, gebe dem Propheten Muhammad sowie seinen Âl und seinen Gefährten einen höheren Rang. Sodann, Diener Gottes, ich ermahne euch und mich zur Rechtschaffenheit. Allâhu Ta^âlâ sagt:

﴿إِنَّكَ مَيِّت وَإِنَّهُم مَّيِّتُونَ ٣٠﴾[1]

Die Bedeutung lautet: Du (Muhammad) wirst sterben und auch sie werden sterben.

Al-Hâkim überlieferte in „al-Mustadrak“, dass der Engel Djibrîl zum Propheten ﷺ kam und zu ihm sagte: Wie lange du auch leben magst, so wirst du sterben und wen auch immer du lieben magst, du wirst dich von ihm verabschieden. Allâhu Ta^âlâ erschuf uns nicht, damit wir unendlich auf der Welt leben und auch nicht, damit wir uns dem Essen, dem Trinken und den weltlichen Begehrenswertigkeiten hingeben, sondern um uns zu befehlen Ihn anzubeten.

Der Mensch, der sich beherrscht und für das tut, was nach dem Tod kommt, ist intelligent. Ein unkluger Mensch hingegen folgt seinem schlechten Trieb in jedem Verlangen, fällt in Sünden, überschreitet die islamisch-rechtlichen Grenzen und doch richtet er seine Wünsche an Allâh.

Bruder im Islam, lass dich von der Menge deines Besitzes nicht täuschen. Anas Ibn Mâlik überlieferte, dass der Gesandte Gottes ﷺ sagte:

يَتْبَعُ الْمَيِّتَ ثَلاثَةٌ فَيَرْجِعُ اثْنَانِ وَيَبْقَى مَعَهُ وَاحِدٌ، يَتْبَعُهُ أَهْلُهُ وَمَالُهُ وَعَمَلُهُ فَيَرْجِعُ أَهْلُهُ وَمَالُهُ وَيَبْقَى عَمَلُه.[2]

Die Bedeutung lautet: Der Verstorbene wird während seines Trauerzuges von dreierlei begleitet; zwei davon kehren zurück und eines bleibt bei ihm. Es begleiten ihn seine Angehörigen, sein Besitz und seine Taten. Seine Angehörigen und sein Besitz kehren zurück, aber seine Taten bleiben bei ihm.

Du solltest um deine Taten bemüht sein, denn sollten sie gute sein, dann wirst du Gutes dafür erhalten und sollten sie schlechte sein, dann hast du dich der Strafe Gottes ausgesetzt. Aus diesem Grund ist es empfohlen, sich mit der Beerdigung zu beeilen. Al-Bukhâriyy überlieferte, dass der Gesandte Gottes ﷺ sagte:

أَسْرِعُوا بِالْجَنَازَةِ فَإِنْ تَكُ صَالِحَةً فَخَيْرٌ تُقَدِّمُونَها وَإِنْ يَكُ سِوَى ذَلِكَ فَشَرٌّ تَضَعُونَهُ عَنْ رِقَابِكُم

Die Bedeutung lautet: Beeilt euch mit der Beerdigung; sollte der Verstorbene ein Rechtschaffener sein, dann führt ihr ihn zu Gutem; und sollte er es nicht sein, dann legt ihr Schlechtes von euren Schultern ab.

Wenn der Verstorbene zum Grab getragen wird, dann befindet sich seine Seele über ihm. Die Seele des Rechtschaffenen ist dann sehnsüchtig und vorfreudig über die Belohnung im Grab, woran sie geglaubt und wofür sie gehandelt hat. So wird sie sagen: Bringt mich voran, bringt mich voran. Die Seele desjenigen, der nicht an Gott und an Seine Propheten geglaubt hat, sagt hingegen: Haltet mich zurück, haltet mich zurück.

Brüder im Islam, der Trauerzug ist eine Situation der Ermahnung und des Nachdenkens. Somit ist es verpönt sich dabei über Weltliches zu unterhalten. Stattdessen sollte man ihn mit den Gedanken an den Tod und an das, was danach kommt begleiten. Ebenfalls ist es empfohlen währenddessen den Qur´ân zu rezitieren und Allâh zu lobpreisen, jedoch leise, weil dies das Nachdenken über den Trauerzug stärker unterstützt.

Die Gelehrten sagten: Lautes Lobpreisen während des Trauerzuges schadet nicht, wenn es die üble Nachrede über den Verstorbenen und seine Erben und andere abscheuliche Gespräche verhindert.

Was dem Muslim ebenfalls hilft, wenn er im Sterbebett liegt, ist das, was Imâm Muslim über Abû Hurayrah, über den Gesandten Gottes ﷺ überlieferte:

لَقِّنُوا مَوْتَاكُمْ لا إلهَ إلّا اللهُ اهـ

Die Bedeutung lautet: Erinnert eure Sterbenden an ‚Es gibt keinen Gott außer Allâh‘.

Ibn Hibbân überlieferte in seinem Sahîh, dass der Gesandte Gottes ﷺ sagte:

لَقِّنُوا مَوْتَاكُمْ لا إله إلا اللهُ فَإِنَّهُ مَنْ كَانَ ءاخِرُ كَلِمَتِهِ لا إله إلا اللهُ عندَ الموتِ دَخَلَ الجنةَ يَوْمًا مِنَ الدَّهْرِ وَإِنْ أَصَابَهُ قبلَ ذَلِكَ مَا أَصَابَهُ

Die Bedeutung lautet: Erinnert eure Sterbenden an ‚Es gibt keinen Gott außer Allâh‘, denn derjenige, dessen letzten Worte – beim Sterben – ‚Es gibt keinen Gott außer Allâh‘ sind, wird in das Paradies eintreten.

Es wurde auch überliefert, dass der geehrte Gefährte ^Uthmân Ibn ^Affân, möge die Liebe Gottes ihm zuteilwerden, sagte: Erinnert den Sterbenden an den Satz ‚Es gibt keinen Gott außer Allâh‘, denn der Diener Gottes, dessen letzten Worte – beim Sterben – diese sind, wird in das Paradies eintreten.[3]

Es wurde überliefert, dass der geehrte Gefährte ^Umar Ibn al-Khattâb, möge die Liebe Gottes ihm zuteilwerden, sagte: Seid bei euren Sterbenden und erinnert sie an ihren Glauben, denn sie sehen etwas, was ihr nicht seht, und erinnert sie an den Satz ‚Es gibt keinen Gott außer Allâh‘.

Die Sunnah hierbei ist, dass der liebste Mensch des Sterbenden sich in seine Nähe setzt und „Lâ ´Ilâha ´Illa l-Lâh“ sagt. Er wiederholt es bis der Sterbende es ebenfalls sagt. Wenn der Sterbende es gesagt hat, dann schweigt der Vorsager. Anschließend sagt er zu ihm nichts mehr, damit es das Letzte bleibt, was er gesprochen hat. Man sagt nicht zu ihm ‚Sage Lâ ´Ilâha ´Illa l-Lâh‘, sondern geht wie soeben erläutert vor.

Der Vorsager sollte ihn nicht drängen, sondern sanftmütig hierbei sein. Es kann sein, dass der Kranke nicht sprechen kann und aufgrund der Mühsamkeit etwas Schlimmes beim Sterben begeht.

Liebe Brüder im Islam, ebenso ist dieses Erinnern (at-Talqîn) Sunnah beim verstorbenen Muslim, wenn er beerdigt wurde durchzuführen. Der Gesandte Gottes ﷺ sagte diesbezüglich:

إذَا مَاتَ أَحَدُكُمْ فَسَوَّيْتُمْ عَلَيْهِ التُّرَابَ فَلْيَقُمْ أَحَدُكُمْ عَلَى رَأْسِ قَبْرِهِ ثُمَّ يَقُولُ يَا عَبْدَ اللهِ ابْنَ أَمَةِ اللهِ فَإِنَّهُ يَسْمَعُ وَلَا يُجِيبُ أَىْ لَا يَسْتَطِيعُ الجَوابَ ثُمَّ يَقُولُ الثَّانِيَةَ فَإِنَّهُ يَسْتَوِى قَاعِدًا، ثُمَّ يَقُولُ الثَّالِثَةَ فَإِنَّهُ يَقُولُ أَرْشِدْنَا يَرْحَمُكَ اللهُ وَلَكِنْ لَا تَسْمَعُونَ وَفِى لَفْظٍ فَلْيَقُلْ لَهُ اذْكُرِ العَهْدَ الّذِى خَرَجْتَ عَلَيْهِ مِنَ الدُّنْيَا شَهَادَةَ أَنْ لَا إلهَ إلّا اللهُ وَأَنَّ مُحَمَّدًا رَسُولُ اللهِ وَأَنَّكَ رَضِيتَ بِاللهِ رَبًّا وَبِالإِسْلَامِ دِينًا وَبِمُحَمَّدٍ صَلَّى اللهُ عليهِ وَسَلَّم نَبِيًّا وَبِالقُرْءَانِ إِمَامًا[4]

Die Bedeutung lautet: Wenn jemand von euch verstirbt und ihr ihn beerdigt, dann sollte sich einer von euch an der Kopfseite hinstellen und sagen ‚Diener Gottes, Sohn einer Dienerin Gottes!‘ Er hört, kann aber nicht antworten. Dann sagt er ein weiteres Mal ‚Diener Gottes, Sohn einer Dienerin Gottes!‘ Er setzt sich dann hin. Anschließend sagt er dasselbe ein drittes Mal. Der Tote richtet sich in die Sitzposition auf und antwortet dann ‚Weise mich an, möge Allâh dir gnädig sein.‘ Ihr hört ihn aber nicht. Aus einem weiteren Wortlaut geht weiter hervor: Er sagt dann zu ihm: ‚Erinnere dich an deinen Glauben, mit dem du die Welt verlassen hast; dass du an Allâh als Gott geglaubt hast, dass du den Islam als deine Religion akzeptiert hast, dass du an Muhammad als deinen Propheten geglaubt hast, und dass du an den Qur´ân als Himmlisches Buch geglaubt hast‘.

Sunnah ist auch das Rezitieren der Sûrah Yâsîn wegen des Verstorbenen. Imâm at-Tabarâniyy überlieferte, dass der Gesandte Gottes ﷺ sagte:

وَيس قَلْبُ القُرْءَانِ لَا يَقْرَأُهَا رَجُلٌ يُرِيدُ اللهَ وَالدَّارَ الآخِرَةَ إِلّا غُفِرَ لَهُ وَاقْرَؤُوهَا عَلَى مَوْتَاكُمْ اهـ

Die Bedeutung lautet: Die Sûrah Yâsîn ist etwas Besonderes aus dem Qur´ân, derjenige, der sie aufrichtig rezitiert, dem wird vergeben. Rezitiert sie wegen eurer Verstorbenen. Aus dem Wortlaut des Gesandten Gottes ﷺ geht hervor, dass sie sowohl dem Sterbenden, als auch dem Verstorbenen nutzt.

Allâhu Ta^âlâ sagt:

﴿إِنَّكَ مَيِّت وَإِنَّهُم مَّيِّتُونَ ٣٠﴾[5]

Die Bedeutung lautet: Du (Muhammad) wirst sterben und auch sie werden sterben.

O du Unachtsamer, erwache aus deiner Unachtsamkeit, denn du wirst sterben. Heute erinnerst du einen Sterbenden, doch schon morgen könntest du der Sterbende sein, der erinnert wird. Heute trägst du eine Leichenbahre, doch morgen schon könntest du der Getragene sein. Heute beerdigst du einen Toten, doch schon morgen könntest du der Beerdigte sein. Denke darüber nach und überlege, was du bereits für den Tag des Jüngsten Gerichts ausgeführt hast.

O Allâh, beschere uns ein gutes Ende. O Allâh, lasse uns als vollkommene Gläubige sterben und lasse unsere letzten Worte ‚Lâ ´Ilâha ´Illa l-Lâh Muhammadu r-Rasûlu l-Lâh‘ sein.

Dies dazu und ich bitte Allâh um Vergebung für euch und mich.

Die zweite Ansprache:

Lob gebührt Allâh. Wir preisen Ihn, bitten Ihn um Unterstützung, Rechtleitung und Vergebung. Möge Allâh uns vor dem Begehen von Sünden beschützen. As-Salâtu was-Salâmu für unseren geehrten Propheten Muhammad sowie für alle anderen Propheten. Sodann, Diener Gottes, ich ermahne euch und mich zur Rechtschaffenheit.

O Allâh, wir bitten Dich, unser Bittgebet zu erfüllen, uns unsere Sünden und Fehler zu vergeben, uns zu den Rechtgeleiteten gehören zu lassen und nicht zu denjenigen, die in die Irre gegangen sind. O Allâh, wir bitten Dich, unsere Sorgen und unseren Kummer von uns zu nehmen und uns vor dem zu schützen, was wir befürchten.

Diener Gottes, Allâh fordert zur Gerechtigkeit, zu gutem Verhalten und zur Aufrechterhaltung der verwandtschaftlichen Beziehungen auf und Er verbietet die Schandtaten, das Schlechte und die Ungerechtigkeit. Dies ist eine Ermahnung, auf dass ihr nachdenken möget. Aqimi s-Salâh! (Sag die Iqâmah auf)

 

[1] Sûrah az-Zumar, Âyah 30

[2] Al-Bukhâriyy und Muslim

[3] Ibn Abi d-Dunyâ

[4] Al-Hâfidh al-^Asqalâniyy sagte: Ad-Diyâ´ hat ihn in seinem Ahkâm gestärkt.

[5] Sûrah az-Zumar, Âyah 30